RoHS-Richtlinie: Aktuelle Entwicklungen und das Auslaufen wichtiger Ausnahmen
Die RoHS-Richtlinie (Restriction of Hazardous Substances) ist ein zentrales Element der EU-Gesetzgebung zum Umweltschutz und zur Produktsicherheit. Sie hat insbesondere signifikante Auswirkungen auf die Materialwahl und die Produktionsprozesse. Mit dem nahenden Auslaufen bestimmter Ausnahmen, insbesondere der Ausnahme 6, stehen viele Hersteller vor erheblichen Herausforderungen. In diesem Beitrag werden die Regelungen der RoHS-Richtlinie, die bisherigen Ausnahmen und die konkreten Auswirkungen der Änderungen beleuchtet.
Was ist RoHS? Ziel und Geltungsbereich der Richtlinie
Die RoHS-Richtlinie wurde 2003 von der Europäischen Union eingeführt und zuletzt mit der Richtlinie 2011/65/EU (RoHS 2) sowie der Richtlinie 2015/863 (RoHS 3) aktualisiert. Das Ziel besteht darin, die Verwendung gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten zu minimieren, um potenzielle Umwelt- und Gesundheitsrisiken zu verringern. Konkret beschränkt RoHS die Verwendung folgender Stoffe:
- Blei (< 0.1%)
- Quecksilber (< 0.1%)
- Cadmium (< 0.01%)
- sechswertiges Chrom (< 0.1%)
- polybromierte Biphenyle (< 0.1%)
- polybromierte Diphenylether (< 0.1%)
- Bis(2-ethylhexyl)phthalat (< 0.1%)
- Butylbenzylphthalat (< 0.1%)
- Dibutylphthalat (< 0.1%)
- Diisobutylphthalat (< 0.1%)
Die Richtlinie gilt für alle Elektro- und Elektronikgeräte, die in eine der zehn festgelegten Produktkategorien fallen. Dazu zählen Haushaltsgeräte, IT- und Telekommunikationsgeräte, Beleuchtung, Spielzeug, Medizinprodukte sowie Überwachungs- und Kontrollinstrumente.
Aufgrund der technischen Herausforderungen bei der Ersetzung bestimmter gefährlicher Stoffe in einigen Anwendungen, wurden in Anhang III der Richtlinie zeitlich befristete Ausnahmen zugelassen. Besonders hervorzuheben sind:
- Ausnahme 6a, 6b, 6c: Sie betreffen den Einsatz von Blei in Legierungen und metallischen Materialien, etwa in Stahl (max. 0.35% Bleianteil), Aluminium (max. 0.4% Bleianteil) oder Kupfer (max. 4% Bleianteil).
- Ausnahme 7a, 7c-I, 7c-III: Diese betreffen unter anderem Blei in Loten, Glas und Keramiken.
Aktueller Stand: Verlängerung und Auslaufen der Ausnahmen
Die RoHS-Ausnahmen unterliegen regelmässigen Überprüfungen durch die EU-Kommission. Nach einem ausführlichen Konsultationsverfahren mit der Industrie hat die EU-Kommission anfangs September 2025 den endgültigen Entwurf der delegierten Rechtsakte für die RoHS-Anhang-III-Ausnahmen der Serien 6 und 7 dem Europäischen Parlament zur Prüfung vorgelegt:
- C/2025/5961 final für Ausnahmen Serie 6
- C/2025/5939 final für Ausnahmen Serie 7a
- C/2025/5940 final für Ausnahmen Serie 7c
Sobald diese finalen Entwürfe beschlossen und im Europäischen Amtsblatt veröffentlicht worden sind, werden sie rechtskräftig. Es wird erwartet, dass dies im Laufe des vierten Quartals 2025 erfolgt.
Ein Teil der Ausnahme 6 wird dabei nicht mehr verlängert. Dies bedeutet konkret:
- Ausnahme 6a (Blei in Stahl bis zu 0.35%): Läuft 12 Monate nach Veröffentlichung im europäischen Amtsblatt ab (ca. Ende 2026)
- Ausnahme 6b (Blei in Aluminium bis 0.4%): Läuft 18 Monate nach Veröffentlichung im europäischen Amtsblatt ab (ca. Mitte 2027)
- Ausnahme 6b-I (Blei in recycliertem Aluminium bis 0.4%): Läuft je nach Kategorie 12 Monate nach Veröffentlichung im europäischen Amtsblatt (ca. Ende 2026) oder fix per Ende Juni 2027 ab
- Ausnahme 6b-II (Blei in Aluminium für Zerspanungszwecke bis 0.4%): Läuft je nach Kategorie 18 Monate nach Veröffentlichung im europäischen Amtsblatt (ca. Mitte 2027) oder fix per Ende Juni 2027 ab.
Die folgenden Ausnahmen (nicht abschliessend) werden vorerst bis 30. Juni 2027 verlängert:
- Ausnahme 6c (Blei in Kupferlegierungen bis zu 4%)
- Ausnahme 7a (Blei in hochschmelzenden Loten)
- Ausnahme 7c-I (Blei enthaltende elektrische und elektronische Bauteile in Glas oder Keramikwerkstoffen)
Auswirkungen und Handlungsbedarf für Hersteller
Mit dem Wegfall der Ausnahmen 6a und 6b dürfen ab dem jeweiligen Stichtag keine Produkte mehr neu in Verkehr gebracht werden, die mehr als 0.1% Blei im homogenen Werkstoff enthalten. Mögliche Beispiele hierfür sind folgende Bauteile:
- Mechanische Stanz- und Biegeteile, die in elektronischen Baugruppen für Federkontakte oder Gehäuse verwendet werden
- Schraubanschlüsse, Klemmen, Federzugklemmen in Anschlussleisten
- Komponenten von Relais, Schaltern oder elektronischen Schützen, bei denen Stahlteile direkte elektrische oder mechanische Funktionen übernehmen
- u.v. m.
Generell empfiehlt es sich, auch auf die Ausnahmen zu achten, die zwar verlängert werden, aber zu einem späteren Zeitpunkt ebenfalls ablaufen könnten. Unternehmen sind angehalten, frühzeitig zu reagieren und Alternativen zu entwickeln und einzusetzen , um Lieferengpässe zu vermeiden. In einem zunehmend regulierten Marktumfeld ist es unerlässlich, frühzeitig zu handeln, um sowohl die Compliance als auch die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.
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Author:
Christof Klemenz, Project Leader
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